Befristung und Kettenverträge: Ihre Rechte als Arbeitnehmer kennen - und für Sicherheit sorgen
Ein Vertrag. Befristet. Noch einer. Und noch einer. Für viele klingt das vertraut. Die Hoffnung auf eine Festanstellung wird von Jahr zu Jahr verschoben. Doch immer wieder heißt es: „Nur vorübergehend.“ Dabei wissen viele nicht: Das Gesetz schützt Sie - und setzt klare Grenzen. Wer sie kennt, hat gute Chancen auf eine unbefristete Zukunft.

Was ist eine Befristung: Und wann ist sie erlaubt?
Ein befristeter Arbeitsvertrag endet zu einem festgelegten Zeitpunkt - automatisch. Der Vorteil für den Arbeitgeber: keine Kündigungsfrist, keine Begründung nötig. Doch genau deshalb schützt das Gesetz Arbeitnehmer mit engen Regeln.
Befristung ohne Sachgrund (§ 14 Abs. 2 TzBfG):
- Maximaldauer: 2 Jahre
- Maximal 3 Verlängerungen innerhalb dieser Zeit
- Nur zulässig, wenn zuvor kein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber bestand
Beispiel: Julia (28) arbeitet bei einer PR-Agentur. Ihr erster Vertrag läuft über 12 Monate. Danach folgen zwei Verlängerungen über je 6 Monate. Nach 2 Jahren sagt der Chef: „Noch ein Jahr - dann schauen wir weiter.“
Rechtswidrig! Die gesetzliche Grenze von 2 Jahren ist erreicht. Ein weiterer befristeter Vertrag ist unwirksam - Julia kann auf Entfristung klagen.
Befristung mit Sachgrund (§ 14 Abs. 1 TzBfG):
Hier ist eine Befristung auch über 2 Jahre hinaus erlaubt – aber nur bei nachvollziehbarem Grund, z. B.:
- Vertretung für Elternzeit, Mutterschutz oder Krankheit
- Projektarbeit mit zeitlich befristetem Bedarf
- Saisonarbeit
- Haushaltssperren im öffentlichen Dienst
- Erprobung von Arbeitnehmern
Doch: Nicht jeder Sachgrund ist rechtlich tragfähig!
Beispiel: Tobias (33) wird in einer Forschungseinrichtung immer wieder für „Projektförderung“ eingestellt. Das Projekt läuft seit 5 Jahren - mit gleichen Aufgaben. Ergebnis: Die Gerichte urteilten, dass es sich um eine Daueraufgabe handelt. Der Sachgrund war vorgeschoben. Tobias bekam eine unbefristete Stelle.
Kettenverträge: Wenn Befristungen aus dem Ruder laufen
Kettenverträge entstehen, wenn ein Arbeitnehmer jahrelang in befristeten Arbeitsverhältnissen gehalten wird - oft mit wechselnden Begründungen, aber gleichbleibenden Aufgaben.
Wann wird es rechtswidrig?
Gerichte prüfen bei Verdacht auf Missbrauch:
- Wie lang läuft das Arbeitsverhältnis bereits?
- Gibt es einen echten Wechsel der Aufgaben oder nur neue Vertragsnamen?
- Wurden die gleichen Sachgründe mehrfach verwendet?
- Besteht kein echter Anlass mehr für eine erneute Befristung?
EuGH & BAG (2011–2021):
Mehrere Entscheidungen stärken Arbeitnehmer: Eine dauerhafte Vertretung ohne Aussicht auf Entfristung gilt als rechtsmissbräuchlich. Arbeitgeber müssen nachweisen, dass die Befristung objektiv gerechtfertigt war.
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Folgende Urteile zeigen deutlich: Wer jahrelang mit befristeten Verträgen beschäftigt wird, obwohl ein dauerhafter Bedarf besteht, hat gute Chancen auf eine Entfristung - und sogar auf Nachzahlungen.
Fall 1: Pflegekraft mit 10 Jahren Kettenverträgen
Frau M., Pflegehelferin in einem Altenheim, hatte 14 befristete Verträge über 10 Jahre. Begründung: „Einspringen bei Krankheit“. Ihre Aufgaben waren jedoch identisch - ohne echte Lücken.
Urteil: Landesarbeitsgericht München - Rechtsmissbrauch! Die Arbeitgeberin musste Frau M. unbefristet übernehmen und Nachzahlungen leisten.
Fall 2: Lehrer mit befristetem Vertrag trotz Dauerbedarf
Herr S., Gymnasiallehrer, hatte 8 befristete Verträge innerhalb von 6 Jahren - alle mit Hinweis auf "Bedarfsvertretung". In Wahrheit deckte er ein dauerhaftes Unterrichtsfach ab.
Urteil: Bundesarbeitsgericht - keine echte Vertretung, sondern systematische Verschleierung. Entfristung erfolgte rückwirkend.
So wehren Sie sich Schritt für Schritt
1. Vertrag prüfen lassen
Lassen Sie jeden neuen Vertrag rechtlich prüfen - besonders bei mehrfacher Befristung.
2. Dokumentieren Sie Ihre Tätigkeiten
Wenn Ihre Aufgaben sich nicht ändern, obwohl neue Begründungen genannt werden, sammeln Sie Belege!
3. Frist beachten!
Sie haben 3 Wochen ab Vertragsende Zeit, um auf Entfristung zu klagen (§ 17 TzBfG).
4. Juristische Hilfe suchen
Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht erkennt sofort, ob ein Verstoß vorliegt. Viele bieten ein kostenfreies Erstgespräch an.
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Checkliste: Unzulässige Kettenverträge erkennen
Kriterium | Warnzeichen |
---|---|
Anzahl der Verträge | Mehr als 3 Befristungen ohne Wechsel |
Gesamtdauer | Über 2 Jahre ohne Sachgrund |
Sachgrund | Immer wieder derselbe ohne neue Umstände |
Aufgaben | Gleichbleibend, ohne Projektbezug |
Rechtfertigung | Pauschale Begründungen wie „Flexibilität“ |
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FAQ: Häufig gestelle Fragen zum Thema Befristung und Kettenverträge
Ohne Sachgrund maximal 3-mal innerhalb von 2 Jahren.
Typische Sachgründe: Elternzeitvertretung, Projekte, Erprobung, Haushaltssperre.
Mehrere befristete Verträge in Folge – teils über Jahre – oft mit gleichem Sachgrund.
Wenn er auf eine dauerhafte Beschäftigung hinausläuft – ohne echten Sachgrund oder bei Wiederholung gleicher Begründungen.
Klage auf Entfristung innerhalb von 3 Wochen nach Vertragsende – idealerweise mit Anwalt.
In bestimmten Fällen ja – etwa bei rechtswidriger Vertragsgestaltung oder Lohndiskriminierung.
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